Initiativen zur Lösung der Eurokrise: Weckrufe, die niemand hört?

Initiativen zur Lösung der Eurokrise: Weckrufe, die niemand hört?

Dieser Tage  hat das Europäische Parlament zwei Verordnungsentwürfe der Europäischen Kommission zur stärkeren Überwachung der Haushaltspolitik in der Eurozone, das „Zweierpaket“ gebilligt.

Durch die Änderungen des „Stabilitäts- und Wachstumspakts“ wurden die Leitlinien für die Mitgliedstaaten mit Euro in Bezug auf eine umsichtige Fiskalpolitik verbessert, und die Sanktionen gegen die Mitgliedstaaten, die dagegen verstoßen, verschärft. Ziel ist eine stärkere Bekämpfung übermäßiger staatlicher Defizite.  Bereits im Dezember 2011 wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt mit dem sogenannten „six-pack“  präzisiert.

Nach den neuen Vorschlägen müssen die EU-Staaten künftig ihre Haushaltsentwürfe bis zum 15. Oktober eines jeden Jahres zur Prüfung bei der EU-Kommission vorlegen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte: “Dieses Votum ist ein weiterer Beweis dafür, dass Europa willens ist, die wirtschaftspolitische Kontrolle gemeinsam weiter zu stärken und die Basis für eine tiefere und echte Wirtschafts- und Währungsunion zu legen.”

Als Folge der Euro-Krise, die ja leider nicht erst mit Zypern einsetzte, hat der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 17. Juni 2010 eine neue Unionsstrategie für Wachstum und Beschäftigung angenommen und sie auf den Namen „Europa 2020“ getauft. Angestrebt wurde nichts geringeres als ein „intelligentes Wachstum“, das auf Wissen und Innovation basiert, ein „nachhaltiges Wachstum“, das Ressourcen schont und wettbewerbsfähig ist und ein „integratives Wachstum“ das das Ziel einer hohen Beschäftigung verfolgt.  Allgemein sollte mit der Strategie erreicht werden, dass EU-Maßnahmen mit nationalen Maßnahmen stärker verzahnt werden.

Der Ansatz schien erfolgversprechend, da mehr Transparenz im allgemeinen zu mehr Effizienz führt. Viele der aufgelisteten  Vorschläge, die sich an die Mitgliedstaaten richten, sind sowohl brauchbar als auch praktikabel: Bildungsergebnisse verbessern , Schlüsselqualifikationen fördern, die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Betrieben intensivieren, Abbau von umweltschädlichen Subventionen, einfachere rechtliche Rahmenbedingungen für KMU (public affairs) neue Formen von life/work balance in der Arbeitswelt und vieles mehr.

Auch andere Initiativen auf europäischer Ebene gingen in diese Richtung wie zum Beispiel  „das Europäische Semester“, das einen Rahmen für die wirtschaftspolitische Koordinierung bietet. Das Europäische Semester erstreckt sich jährlich über einen Zeitraum von sechs Monaten, in denen die Mitgliedstaaten ihre Haushalts-, Wirtschafts- und Strukturpolitik auf EU-Ebene abstimmen.

Natürlich kann niemand die erheblichen finanziellen Stützungsmaßnahmen der verschiedenen Krisentöpfe vergessen, die allerdings – leider – nicht zu einer dauerhaften Lösung der Probleme beitragen. Flickschusterei  nannnte man das einst. Nachhaltiger ist da schon eher der dritte Pfeiler zur Bekämpfung der Krise, die Reform des Finanzsektors.

Leider hat die Krise seit ihren Anfängen – allen Bemühungen zum Trotz –  immer mehr Länder des Euroraumes erreicht und den Abwärtstrend in der Eurozone nicht gestoppt.  Dabei sollte man nicht vergessen, dass es hier nicht nur um den Bankensektor geht; die Bankenkrise wurde zur Wirtschaftskrise, schürt soziale Spannungen und fördert antidemokratische Tendenzen.

Die neuesten Arbeitslosenzahlen für die Länder der EU belegen diesen Trend auf traurige Weise:

Im Euroraum erhöhte sich die Arbeitslosigkeit im Februar 2013 im Vergleich zum Vorjahresmonat von 10,9 auf 12 %, in der EU 27 von 10,2 auf 10,9 %. Auffallend ist die Diskrepanz zwischen einzelnen Mitgliedstaaten: Deutschland mit 5,5 % stehen Länder wie Griechenland und Spanien mit über 26% gegenüber. Die USA haben gegenwärtig eine Arbeitslosigkeit von 7,7 %.

Nach der Billigung durch das Europaparlament müssen  die aktuellen Vorschriften jetzt noch formal vom Rat verabschiedet werden. Dann könnten sie mit dem Haushaltsjahr 2014 in den Ländern der Eurozone in Kraft treten. Aber wie erfolgversprechend sind diese neuen Maßnahmen? Alle bisherigen Initiativen zeigen, dass es vor allem an einem mangelt: an politischem Willen und Einsicht der Bevölkerungen. Dies aber ist die Voraussetzung für eine Kehrtwende.

Wie sagte der Leiter der griechischen Steuerfahndungsbehörde Nikos Lekkas im Hinblick auf die umstrittene Kritik der IWF-Chefin Christine Lagarde an seinem Land: „Die Steuerflucht in Griechenland erreicht 12 bis 15 Prozent des Bruttosozialprodukts. Das sind 40 bis 45 Milliarden Euro im Jahr.Wenn wir davon auch nur die Hälfte eintreiben könnten, wäre Griechenlands Problem gelöst“. Das verlange natürlich politischen Willen.

Wollen wir uns wirklich ewig von Rettung zu Rettung, von Reform zu Reform hangeln? Rettungsschirme können wir nicht dauerhaft spannen.  Nur politischer Willen und Einsicht auf allen Ebenen kann uns retten. Wann wachen wir auf?

– Dieser Artikel wurde von der Europapolitik-Expertin Ute Wiegand zur Verfügung gestellt –

Redaktionstipp: Das Forum für Universität und Gesellschaft der Universität Bern beschäftigt sich in zahlreichen Projekten mit dem Thema Europa (nicht nur) im Zusammenhang mit internationaler Wirtschaft und Globalisierung.

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